Israel – der Aggressor schlechthin – so hörte ich es im Geschichtsunterricht in der POS (Polytechnisches Oberschule). Allerdings hatte ich den Vorzug, im Pfarrhaus groß zu werden – da bekam ich eine andere Sicht auf Israel und die Juden - ausgehend von der biblischen Grundlage, die die „Erwählung“ des Volkes Israel und der Juden betont, über das Wissen, dass jüdischer Glaube Ausgangspunkt für die christliche Religion ist und den Familienerzählungen, welch reiches kulturelles Leben mit der Shoa unwiederbringlich vernichtet wurde.
In der „Jungen Gemeinde“ wechselten die Themen wöchentlich u. a. diskutierten wir über das Thema: „Was gehen uns die Juden an“. Die breite Gesellschaft stand den Gedanken um die Juden abweisend, bzw. gleichgültig gegenüber. In seinem Buch: „Jüdische Geschichte in Deutschland“ schreibt Arno Herzig: „Er (der Antiseminitismus) bestimmte auch die politische Ideologie des zweiten deutschen Teilstaats, der DDR. Das jüdische Volk wurde als rassistisch und imperialistisch diffamiert. Doch hielt man sich in der DDR einen starken Antifaschismus zugute, der aber eine Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit oder aber gar eine Wiedergutmachung für die NS-Verbrechen verhinderte, so dass der Besitz ehemaliger jüdischer Institutionen bzw. Bürger weiterhin verstaatlicht blieb.“ S. 267
So kam es einem Widerstand gegen den DDR-Staat gleich, dass bereits 1988 in dem kleinen Städtchen Sandersleben/Anhalt sich die „Junge Gemeinde“ mit ihrem Pfarrer Karl-Heinz Schmidt auf die „Spurensuche“ nach den ehemaligen jüdischen Mitbürgern machte und sich auch um den jüdischen Friedhof bemühten. In Sandersleben gibt es also seit 30 Jahren das Gedenken der Shoa. In diesem Jahr waren – wie in vergangenen Jahren – Gymnasiasten aus Hettstedt am Programm der Gedenkstunde beteiligt. Frau Ines Voigt, die Relegionslehrerin in Hettstedt und Kirchenälteste in Sandersleben ist, organisiert seit Jahren das alljährliche Pogromgedenken. Wir wissen, dass „neben der Aufklärung durch die Schule und allgemeine Bildungseinrichtungen der Erinnerungskultur eine wichtige Aufgabe zukommt. Einerseits soll die Verantwortung wachgehalten werden, die aus der Shoa erwächst, andererseits aber die Juden aufgrund ihrer Leistungen in der langen gemeinsamen Geschichte nicht nur als Opfer dargestellt werden.“ Herzig, S. 278