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Gut behütet – gut bedacht

Im Februar 2021 schneite es heftig und der Wind wehte stark. Bei so einer Wetterlage besteht die Gefahr, dass Flugschnee unter das Dach geweht wird.

Die Kirchengemeinden waren vom Kirchenbauamt gewarnt worden und sollten auf den Dachböden ihrer Kirchen nach Flugschnee Ausschau halten und diesen, falls eingeweht, beseitigen.

Leider gibt es in der Frecklebener Kirche über der Gewölbedecke keinen begehbaren Dachboden, so konnte der feine Flugschnee ungehindert auf die Oberfläche der Kirchendecke gelangen. Mit einsetzendem Tauwetter wurde das gesamte Tonnengewölbe durchfeuchtet und das Tauwasser suchte sich seinen Weg in das Kircheninnere.

Es war klar, dass unser altes Kirchendach diesen Wetterkapriolen nicht mehr gewachsen ist und es erneuert werden muss.

Im November 2022 begannen die Bauarbeiten unter Leitung von Architekt Frank Rieland. Nach Öffnung des Dachraumes wurden die zuvor nicht sichtbaren Schäden in ihrem ganzen Ausmaß deutlich. Der Schwammbefall war schon vermutet worden, aber dieses Ausmaß überraschte und schockierte.

Die Schäden an der hölzernen Dachkonstruktion sprengten den geplanten finanziellen Rahmen der Sanierungsarbeiten. Eine kleine Kirchgemeinde ist in der Regel nicht in der Lage, ein neues Kirchendach zu bezahlen. Noch schwerer wird es, wenn der Schwamm das Holz geschädigt hat. So war es auch in Freckleben.  Die Frecklebener haben großzügig gespendet, doch aus eigener Kraft war die Finanzierung der aufwändigen Sanierungsarbeiten nicht zu leisten. 

Die St. Stephanus-Kirche ist sehr alt und stammt aus romanischer Zeit.

1594 wurde die Kirche umgebaut und es entstand eine der sehr seltenen Winkelkirchen. In Deutschland gibt es nur 7 davon. Eine Winkelkirche besteht aus zwei Kirchenschiffen, die im rechten Winkel zueinanderstehen. Der Altar befindet sich im Winkel. Allen war klar, so eine besondere Kirche muss gerettet und erhalten werden. 

Die politische Gemeinde, die Kirchengemeinde, Architekt Rieland, die Bauamtsleiterin der Anhaltischen Kirche, Frau Förster-Wetzel, das Landesamt für Denkmalpflege und das Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten haben hervorragend zusammengearbeitet und dieses große und aufwändige Projekt organisiert und mitfinanziert. 

Im September 2023 wurden die Sanierungs- und Renovierungsarbeiten beendet. 

In einem festlichen Gottesdienst mit Kreisoberpfarrer Baier am 1. Oktober 2023 konnte die Kirche wieder in Dienst genommen werden. 

Die Frecklebener Kirchengemeinde ist sehr dankbar, dass in ihrem Gotteshaus wieder Gottesdienste gefeiert werden kann. Sie ist im wörtlichen und übertragenen Sinne „bedacht“ worden. Kirchen sind nicht nur Steine, Holz und Dachziegel, sondern mit ihren weit im Land sichtbaren Türmen zeugen sie auch von christlicher Kultur, von Baukunst und zeigen den Menschen die Richtung an, wenn sie die Orientierung verloren haben. Sei es auf einer Wanderung oder auch im Leben. 


Bericht des Architekten Frank Rieland, Schackstedt

Aktenzeichen:              631422000332

Sachbericht

Mit den Bauarbeiten am Vorhaben wurde im November 2022 begonnen.

Grundlage der Arbeiten war das Sanierungskonzept des Architekturbüro Rieland vom 25.03.2022.

Eine genaue Schadensanalyse und eine Präzisierung des Sanierungskonzeptes war erst nach der Erstellung des Innen- und Außengerüstes möglich.

Nach Öffnung des Dachraumes mussten wir feststellen, dass der Schaden an den Konstruktionshölzern des Dachstuhls sehr viel höher war als ursprünglich angenommen.

Der vor Baubeginn hauptsächlich an der Nordseite der Mauerkrone diagnostizierte Hausschwammbefall betraf ca. 95% der gesamten Mauerkrone. Fußpfetten und Sparrenköpfe waren zum großen Teil nicht mehr vorhanden.

Mit Hilfe eines Holzschutzgutachtens (Sachverständigenbüro M.S.) und einer Sanierungsstatik (I.B. Fromme) wurde das Sanierungskonzept im Februar 2023 aktualisiert.

Die Mehrkosten sind in der Kostenberechnung vom 27.03.2023 dokumentiert (Anlage 1).

Die tatsächliche Sanierungskosten (nach Fertigstellung) betragen 299.263,00 €.

Hier die Hauptfaktoren für den Kostenanstieg:

Gerüstbauarbeiten: zusätzlicher Aufwand für die Abfangung des Dachstuhls, Kompletteinrüstung des Innenraums, zusätzlicher Lastturm außen (als Sicherungsmaßnahme), Mehrkosten bei der Gerüstvorhaltung infolge erheblicher Bauzeitverlängerung

Zimmererarbeiten: größerer Leistungsaufwand (mehr Material, mehr Abbund, usw.)

Maurerarbeiten: größerer Leistungsaufwand (48 m² mehr Innenputz infolge Schwamm-sanierung, ein Fenstersturz aus Bruchstein (1,60 cm breit, 90 cm tief) musste komplett erneuert werden

Dachdeckerarb.: veränderte Materialauswahl Dachziegel nach Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde (siehe Abrechnung Dachdeckerarbeiten)

Blitzschutzarb.: tatsächliche Kosten nach Ausschreibung im Juni 2023

Neben den vom ALFF geförderten Bauarbeiten, konnten mit zusätzlich von der Landeskirche bereitgestellten Mitteln die Malerarbeiten im Innenbereich und die Außentorsanierung realisiert werden.

Alle Arbeiten wurden mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt abgestimmt.

Das Projektziel wurde erreicht. Ein ortsprägendes Einzeldenkmal wurde gerettet.

Freckleben, 25.09.2023