In seinem Stück "Bei geschlossenen Türen" erzählt Jean Paul Sartre, wie sich drei Menschen gegenseitig die Hölle heißmachen. Sie sind in einem Raum eingesperrt, und völlig rücksichtslos sagt jeder der Drei, was er von sich und vom anderen denkt. Einer von ihnen begründet diese Rücksichtslosigkeit: Wir sind doch unter uns! Er meint damit: Wir sind einander ausgeliefert, jeder kann mit dem anderen umgehen, wie er will. Es wird von außen keiner kommen, der hilft.
Wie ich finde, ein packendes, beklemmendes Bild für eine Welt ohne Glauben an Gott. Wir sind doch unter uns ‐ so sagen zwar nicht alle, aber leben es viele. Wen interessiert es schon, wie ich mein Leben gestalte? Warum sollte ich Rücksicht nehmen auf meinen Partner, auf meine alten Eltern? Oder auf das Eigentum meines Arbeitgebers? Wozu sollte ich sorgsam umgehen mit Energie und mit Wasser, wenn doch aufs Ganze gesehen nichts mehr zu retten ist? Wir sitzen alle im selben Boot, und jeder muss sehen, wo er bleibt. Und so sieht es dann auch aus: Einsamkeit, verletzte Gefühle, gebeugte und verbogene Menschen. Wird denn wirklich keiner kommen, der hilft?
Doch! Gott wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst wird ihr Gott sein. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. So heißt es im letzten Buch der Bibel. Wörtlich steht da: Gott wird bei ihnen zelten. Ja, Gott kommt. Einst kam er nach Europa, ich bin den christlichen Missionaren dankbar, dass sie unseren Vorfahren die Botschaft von Jesus Christus brachten.
Seitdem lebt Gott unter uns, tröstet und heilt, gibt den Gebeugten ihre Würde zurück. Wo immer Menschen an ihn glaubten, da blühte das Leben auf, wuchs Gemeinschaft, verwandelt sich die Hölle in einen Garten.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass Gott sich in unserer Gesellschaft zunehmend unwohl fühlt, an manchen Plätzen seine Zelte schon abgebrochen hat und woanders hingezogen ist. An solchen Orten leben die Menschen wieder ganz unter sich, in geschlossener Gesellschaft, ohne Rücksicht auf Verluste.
Wie von einem anderen Stern scheinen da die Christen zu sein, die an Gott glauben und ihm gehorchen. Aber es gibt sie noch, diese kleine, offene Gesellschaft, wo die Menschen aufrecht gehen und wo das Miteinander gelingt. Auf mich übt sie eine große Anziehungskraft aus.
Und ich verstehe, wenn es heißt: Gott wohnt mitten unter ihnen.
Es grüßen Sie herzlich
Ihre Pfarrerinnen
Claudia Drese und Dorothee Schmitt