Kennen Sie das auch? Machmal ind das ja so Gespräche am Rande... und dann wird man plötzlich mit einer Frage überfallen.
Es war ein Samstag und samstags finden gerne Beerdigungen statt, aus praktischen Gründen. manchmal werde ich als Pastor hinterher noch zum Kaffeetrinken eingeladen. Und komme dann neben jemandem zu sitzen, den ich nicht kenne. Er weiß aber - jedenfalls meistens - wer ich bin. Und schon kommt eine Frage: "Sagen Sie mal, wie kann man denn heute noch ernsthaft an Gott glauben? Was soll das bringen in unserer modernen Zeit?!"
Boah. Gleich wieder ein Schluck aus der vollen Pulle. Ich muss an meinen Besuch beim Zahnarzt denken, am Mittwoch. Ich wüsste gar nicht, wie ich das überstehen könnte, hätte ich nicht meinen Glauben und auch noch den 23. Psalm, den ich dann im Stillen vor mich hinbete, bis es vorüber ist: "Der HERR ist mein Hirte. ... Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück."
Aber ich kann dem guten Mann beim Kaffeetrinken jetzt ja nicht mit meinem Zahnarzt kommen... "Sagen Sie mal, was haben Sie denn überhaupt von Ihrem Glauben? Was soll das bringen in unserer heutigen Zeit?" Ich rühre meinen Kaffee um und sage:
Mein Glaube gibt mir Halt. Gerade in dieser modernen Zeit.
Und dann setzte ich nach: "Woran glauben Sie denn?" Verdattert schaut er mich an: "Ich? Wieso ich?" (Er bereut wohl schon, dass er mich angesprochen hat.) "Ja, Sie.", sage ich. "Jeder glaubt doch an irgendetwas . Woran glauben Sie denn? Es muss doch etwas geben, woran Sie sich festhalten." "Ähm, wieso? Festhalten?" Ich merke, er weiß einfach nichts mit dem anzufangen, was ich sage. Also komme ich nun doch rau damit: "Na, wenn Sie zum Beispiel beim Zahnarzt sind und der bohrt da bei Ihnen: woran halten Sie sich denn dann fest?" Er guckt mich ungläubig an: "An der Lehne?" Er weiß es einfach nicht besser. Sowas macht mich manchmal ganz schön ratlos.
Auf dem Friedhof letzte Woche, am Grab, war ich der einzige, der das Vaterunser sprechen konnte. Andere hatten es vergessen oder haben es nie gekannt.
Übrigens hat der Stuhl bei meinem Zahnarzt gar keine Lehne zum Festhalten.
Deswegen bin ich froh, dass ich für solche Situationen noch etwas in Reserve habe.
Was ist mit Ihnen?
Es grüßt Sie - auch im Namen von Renate Lisock
Ihr Arne Tesdorff